Elise LeGrow: „Playing Chess“
Wer sagt denn, das Blues immer traurig und deshalb nichts für den Frühling sein muss? Das, was die Kanadierin Elise LeGrow auf ihrem Debütalbum bringt, ist zwar tatsächlich bluesig, aber es ist auch mitreißend schwungvoll. Das Album steckt voll Soul und ziemlich guten Grooves. Der Albumname ist Programm, denn die Künstlerin widmet sich den „Klassikern“des legendären Chess-Labels: LeGrow singt Lieder von Chuck Berry, Etta James oder auch Bo Diddley – das aber auf ebenso entspannte, wie eigenwillige Art, dass es eine besonderes Vergnügen ist, ihr zuzuhören.
Besonders geeignet für die Fahrt durch die Frühlingsnacht oder in den Osterurlaub.
Matt Andersen: „Honest Man“
Wer Ragn’n’Bone Man mag, wird den Kanadier Matt Andersen lieben. Der ist ein Bär von Mann und hat eine dementsprechend gewaltige Stimme. Und er schreibt Songs, die einfach ins Ohr und unter die Haut gehen. Man sollte ihn wirklich unbedingt live sehen, aber auch die CD „Honest Man“ zeigt, was er drauf hat. „I’m Giving In“, das Titelstück oder „Let’s Get Back“ sind die Hits des Albums, aber auch die anderen sieben Songs sind berührend schön und sehr eingängig. Er spielt auf der Klaviatur großer Gefühle, aber kitschig ist Andersen nie. Dafür sorgt schon diese unglaubliche Stimme.
Besonders geeignet für lauschige Abende mit dem Partner oder der Partnerin.
Faber: „Sei ein Faber im Wind“
Der Schweizer Julian Pollina ist der Sohn des italienischen Liedermachers Pippo Polina und sieht ihm sehr ähnlich. Aber musikalisch geht er andere Wege. Er nennt sich Faber nutzt die deutsche Sprache für erstaunliche Texte, die er mit seiner Band ziemlich schmissig rüberbringt. Man kann sagen, es sind „hinterfotzige“ Ohrwürmer, die Faber da ersonnen hat. Das Titellied des Albums „Sei ein Faber im Wind“ fängt zum Beispiel mit den Worten „Einer von uns beiden war ein Arschloch“ an. Was Faber in „Alles Gute“ oder „Es könnte schöner sein“ in schwungvolle Melodien und perfekte Instrumentierung verpackt, ist melancholisch und trotzig zugleich. Mit Faber ist sogar Traurigkeit ziemlich lustig.
Besonders geeignet für die Zeit nach dem Sonnenuntergang.
Tocotronic: „Die Unendlichkeit“
Mit ihrem zwölften Album „Die Unendlichkeit“ schafft es die Band um den wortgewaltigen Textdichter Dirk von Lowtzow auf Platz Eins der deutschen Albumcharts. Und das völlig zu Recht, denn das Werk ist ziemlich poppig geraten, was hier durchaus kein Schimpfwort ist. Mit Liebe zum Detail, das heißt, mit für ihre Verhältnisse ziemlich vielen Instrumenten, bringen Tocotronic Worte über Zweisamkeit, Glück oder Unglück und vor allem besondere Momente, die sonst eher selten besungen werden, zum Klingen. In „Unwiederbringlich“ geht es beispielsweise um eine winterliche Zugreise nach Hause, wo gerade ein wichtiger Mensch verstorben ist. Das Ganze gerät überraschend trostreich. „Ich würd’s dir sagen“ ist eine verhaltene Ballade, die fast ohne Emotion vorgetragen wird. „1993“ zeigt sich munter überdreht – Tocotronic waren selten vielfältiger.
Besonders geeignet für lange Fahrten in den Morgen hinein
The James Hunter Six: „Whatever It Takes“
Der Engländer James Hunter steht seit den frühen 1980er Jahren auf der Bühne und wird von etlichen Leuten verehrt. Nun hat er ein phänomenales Album auf dem angesagten, amerikanischen „Daptone“-Label veröffentlicht – und es könnte zum großen Durchbruch kommen. Dort, wo auch Charles Bradley oder Sharon Jones zu Soulstars wurden, kam nun „Whatever It Takes“ heraus. Der Sound ist klassisch, aber nicht altmodisch. Es swingt und groovt, dass einem schwindelig wird. Echte Muntermacher sind zum Beispiel „I Don’t Wanna Be Without You“, „Show Her“ oder das Titelstück. Bei diesen Songs werden alte Zeiten wieder wach und alte Knochen munter.
Besonders geeignet für die Fahrt in den Samstagabend und wieder zurück nach Hause
Dicht & Ergreifend : „ghetto mi nix o“
Sie kommen beide aus Niederbayern und sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt aufgewachsen, aber kennengelernt haben sich Lef Dutti und George Urquell erst spät, in Berlin. Als Dicht & Ergreifend rappen sie so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, also im Dialekt ihrer Heimat. Schon auf ihrem Debüt „Dampf der Giganten“ machten sie das mit jeder Menge Witz und klugen Sätzen, die auch außerhalb des Freistaates ankommen. Der Nachfolger „ghetto mi nix o“ ist musikalisch vielfältiger, die Produktion ist rund. Aber bei aller Perfektion bleiben Spaß und intelligente Statements zur allgemeinen Lage nicht auf der Strecke. Besonders schön ist der Hit „Nein to Five“, ein Hohelied auf die Faulheit.
Besonders geeignet für die Fahrt von der Stadt aufs Land und umgekehrt
Nick Waterhouse: „Never Twice“
Der Gitarrist und Sänger Nick Waterhouse stammt aus Los Angeles, aber einer seiner Songs ist mit französischer Hilfe zum Riesenhit geworden. Denn erst als Ofenbach sich „Katchi“ annahmen, schlug das witzige Lied ein. Die Originalversion, auf der der Neo-Soulstar Leon Bridges mitsingt, findet sich auf dem dritten Waterhouse-Album „Never Twice“. Es hat ebenso viel Schwung wie die Hit-Variante, aber sie „swingt“ anders, eine Spur altmodischer. Das Album mit seinem Mix aus Rockabilly, Soul und R&B-Swing bringt den Körper auf Trab. Man wippt unwillkürlich zu „I Had Money (But I Spent It)“ mit den Füßen, „Lucky One“ oder eben „Katchi“ erreichen den übrigen Body.
Besonders geeignet für die stilvolle Party
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- The 4 of us